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Christiane Erner-Schwab
Psychotherapie im Jugendalter
1. Aufl.
120 S., 15,5 x 23,5 cm, Pb. Großoktav
14,90 €
ISBN 9783955582203

Lieferbar

Gero ist 17 Jahre alt und hat über die üblichen Schwierigkeiten der Pubertät hinaus einige schwerwiegende Probleme: Er hat eine Depression entwickelt und in der Folge eine behandlungs­bedürftige Essstörung. Was kann man tun? An wen kann man sich wenden? Dieser Rat­geber richtet sich an alle Betroffenen. Das sind in erster Linie die Jugendlichen selbst, aber auch ihre Freunde, Eltern, Lehrer und Erzieher. Mit seiner Erkrankung findet Gero schließlich Hilfe bei einem erfahrenen tiefenpsychologisch orientierten Therapeuten. Der »Arbeitsprozess« in dieser Psychotherapie wird nachvollzogen, wobei nebenher theoretische Zusammenhänge und Begrifflichkeiten erläutert werden, die vielen Betroffenen nicht geläufig sind. Dieser Ratgeber kann damit manchem/r Jugendlichen die Angst nehmen, den Schritt in eine Therapie zu wagen.

Wie auch schon in ihrem vorherigen Buch über die Psychotherapie im Kindesalter gibt Christiane Erner-Schwab einen hilfreichen Überblick über die kassenärztliche, juristische und institutionelle Einbettung einer Psychotherapie im Jugendalter. Wo sind die Eltern eines Jugendlichen in psychotherapeutischer Behandlung? Wie viel müssen sie wissen? Und welche Schweigepflicht gilt für den behandelnden Therapeuten auch gegenüber den Erwachsenen?

 

 

Inhalt

Vorwort
1 Gero – ein junger Mann an der schwierigen Grenze zum Erwachsenwerden
Depressionen im Jugendalter
Suizidalität bei Jugendlichen
2 Gero trifft eine Entscheidung
Geros Mutter
Die Väter
3 Geros Psychotherapie
Der Weg in die Psychotherapie – weniger schwierig als erwartet
Gesetzliche krankenkassenfinanzierte Psychotherapiemethoden
4 Gero beim Therapeuten
Die psychotherapeutische Sprechstunde
Die Probatorik
Geros Lebensgeschichte
5 Geros Psychotherapie beginnt
Die erste Phase der Therapie
Die erste Begegnung mit Geros Eltern
Das ödipale Geschehen in der frühen Entwicklung
Fortsetzung des Elterngesprächs
Begleitende Elternarbeit in der Psychotherapie von Jugendlichen
Das Bundeskinderschutzgesetz
6 Gero als Einzelgänger
Selbstwirksamkeit
Es geht weiter...
Abwehrmechanismen
Widerstand in der Therapie
Die Adoleszenz
Der erste Konflikt in der Therapie
Eine heilsame Krise
Ein Gespräch zu viert
Feuerprobe Kurfahrt
Computerspielsucht bei Jugendlichen
7 Kursfahrt nach Usedom
Der Grillabend
»Eine neue Liebe ...«
»... ist wie ein neues Leben«
8 Gero mit Laura bei Herrn Wolters
Ein einschneidender Konflikt mit Laura
Der Abschied von Herrn Wolters

 

 

Vorwort

»Ich lebe in jener Einsamkeit, die peinvoll ist in der Jugend, aber köstlich in den Jahren der Reife.« Albert Einstein

Einsteins Einsicht war naturgemäß eine späte, er konnte offensichtlich die Phase der Adoleszenz gut abgrenzen zu eben jener Reife, die ihn später auch zu den bekannten wissenschaftlichen Einsichten befähigte. Er hatte also erkannt, dass es in unterschiedlichen Phasen des Lebens sehr unterschiedliche Befindlichkeiten gibt und dass besonders die Zeit des Erwachsenwerdens – die Pubertät bzw. die Adoleszenz – große Belastungen und Herausforderungen bereithält. Sowohl körperlich als auch seelisch passiert sehr viel, was sich zunächst sehr fremd anfühlt und was junge Menschen sehr irritieren und sogar krank machen kann. Die fiktive Geschichte von Gero soll in diesem Buch zeigen, dass es gerade für junge Männer nicht leicht ist, bestimmte Gefühlslagen einzuordnen, zu bewältigen und sich gegebenenfalls Hilfe und Beistand dafür zu holen. Im Unterschied zu den meisten weiblichen Jugendlichen stellt es nämlich für (junge) Männer eine sehr viel größere Hürde dar, sich bestimmte Schwächen einzugestehen. Sie ertragen den Leidensdruck, der durch eine seelische Störung ausgelöst wird, in der Regel viel länger als junge Frauen. Bei Letzteren stimmt in diesem Zusammenhang ausnahmsweise die klischeehafte Redewendung vom »schwachen Geschlecht«: Sie suchen (auch rein statistisch) sehr viel schneller und ohne größere Hemmungen Hilfe bei Psychotherapeuten oder psychologischen Beratungsstellen. (So erscheint dann auch auch die Konsequenz eines Suizids, wie später noch eingehender beschrieben wird, für männliche Jugendliche viel naheliegender als für ihre weiblichen Altersgenossinnen.) Geros Fall soll Betroffenen und allen, die mit ihnen in Beziehung stehen (Eltern, Betreuern, Lehrern), dabei helfen, bestimmte seelische Zustände und Symptome, wie ausgeprägte Traurigkeit, fehlende soziale Anbindungen, die Neigung zum »Konsum« (inkl. suchtartiges Computerspiel) bestimmte Merkwürdigkeiten im Essverhalten usw., einzuordnen und zu entscheiden, inwieweit sie Krankheitswert haben und u. U. professionell behandelt werden müssen. Es gilt aber – natürlich für beide Geschlechter –, dass es einen gewissen Leidensdruck und eine Krankheitseinsicht geben muss, bevor die unterschiedlichen Probleme in Angriff genommen werden. Gero hat diese Einsicht entwickelt, nachdem es schon fast zu spät gewesen ist. Grundsätzlich lässt sich wohl sagen, dass z. B. die Aufnahme einer Therapie heutzutage selbstverständlicher und weniger tabuisiert ist als noch vor einigen Jahrzehnten. Es stellt sich allerdings die Frage, wo die Gründe und die Auslöser dafür zu suchen sind, dass die Lebensbewältigung für junge Leute eher schwieriger zu sein scheint als in früheren Zeiten. Es war mit Sicherheit nicht »früher alles besser«, aber das moderne Leben bietet wohl komplexere Herausforderungen, die vor allem mehr Druck erzeugen und im raschen technischen Wandel begründet sind, welche eben oft nur vordergründig den Alltag erleichtert. Die sozialen Netzwerke, in denen gepostet, »geliked« und massenweise Freunde »gesammelt« werden, ersetzen nicht die direkte Begegnung und lebendige Beziehungen, verursachen also tatsächlich immer mehr Vereinsamung und Rückzug. Es gibt immer weniger so etwas wie ein soziales Übungsfeld für das Erwachsen-Werden und reale Möglichkeiten, sein Selbstwertgefühl zu stärken. Damit mag einhergehen, dass sowohl äußere als auch innere Konflikte schlechter zu bewältigen sind. Immerhin wird Pubertät bzw. Adoleszenz etwa ab der Zeit der Industrialisierung als eigenständige Lebensphase angesehen. Dies hatte zur Folge, dass sich bis heute die unterschiedlichsten Disziplinen mit den Spezifika des Jugendlichendaseins auseinandersetzen. Allen voran die Psychologie, die seit Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse, bestimmte Phänomene auf dem Hintergrund der sexuellen Triebentwicklung, im Zusammenhang mit Beziehungen und Familiendynamik sieht. Es sind hier auch die Soziologie oder die Pädagogik zu nennen, die sich z. B. mit dem angesprochenen Medienkonsum und seinen unter Umständen schädlichen Folgen beschäftigen. Diese Entwicklung innerhalb der Wissenschaften führte dazu, dass man den damit befassten Fachleuten, wie z. B. Lehrern oder Erziehern und natürlich den betroffenen Jugendlichen, selbst Hilfen zur Verfügung stellen konnte, die es davor nicht gab. Obwohl zu seiner Zeit die Adoleszenz eben noch nicht als spezifisch anfällige Lebensphase angesehen wurde, beschrieb Goethe schon 1774 die Leiden eines jungen Mannes, der aus einem Zirkel von Selbsthass und Eifersucht keinen anderen Ausweg als den Suizid sah. Das geschah in einer Zeit, in der es im allgemeinen gesellschaftlichen Verständnis noch keine Vorstellung von psychologischen Zusammenhängen gab, geschweige denn davon, dem Betroffenen z. B. mit einer »Redekur« (Freud) hilfreich zur Seite zu stehen. Es waren nicht die besonderen Belastungen der Pubertät, die den jungen Werther zum Aufgeben brachten; er kam, ohne dass Goethe die Fragilität der Jugend in einem ursächlichen Zusammenhang sah, schlichtweg mit dem Leben und der Liebe nicht klar. Heute würde man dagegen den beschriebenen Suizid wahrscheinlich als Endpunkt und Ergebnis einer depressiven Entwicklung erklären, wo die misslungene Liebesbeziehung nur symptomatischen Charakter hat. Das heißt, man würde einen psychologischen Zusammenhang herstellen zwischen dem Akt der Selbsttötung und den persönlichen Voraussetzungen des jungen Werther. Auch die Geschichte des 17-jährigen Gero mit der Grunderkrankung »Depression« (lat.: »deprimere«, herabdrücken, hinunterpressen) zeigt nun, wie viel im Laufe eines frühen Lebens im Hinblick auf viele der angesprochenen Aspekte »schiefgehen« kann und welche Folgen z. B. schwere Verlusterfahrungen haben können. Sie zeigt auch, wie schwer es ihm fällt, sich seinen vermeintlichen Schwächen zu stellen und sie mit der Hilfe eines einfühlsamen Therapeuten zu bearbeiten und zu analysieren. Es wird deutlich werden, dass dieser Prozess einer psychodynamischen Therapie kein »Spaziergang« ist, dass Gero Höhen und Tiefen erlebt, dass er sich durch manchen Widerstand durchkämpfen muss, bis am Ende aber die Gewissheit steht, das (Erwachsenen-) Leben mit seinen Herausforderungen bewältigen zu können. Möglicherweise kann auch Gero in der Zukunft nicht wie einst unter seiner Einsamkeit nur leiden, sondern sie – wie Einstein – konstruktiv nutzen und füllen. Ich habe mich entschieden, einen jungen Mann als betroffenen Patienten zu beschreiben, weil zwar viele seelische Erkrankungen, wie z. B. die Essstörung, bei jungen Frauen tatsächlich rein zahlenmäßig häufiger auftreten, adoleszente Männer aber gleichfalls betroffen sein können. Typischerweise zeigt sich erst im Laufe von Geros Therapie, dass er im Zuge seiner depressiven Erkrankung eine Essstörung entwickelt hat. Das deutet darauf hin, dass dieses Symptom vor allem bei männlichen Jugendlichen mit großer Scham behaftet ist. Auch Therapeuten, wie im Buch Herr Wolters, erfahren oft sehr spät von diesem Teil der Erkrankung. Vielleicht kann das Buch jungen Männern Mut machen, sich trotz des Wissens um die geringere Prävalenz (das Vorkommen der Krankheit) aktiv um Hilfe zu bemühen. Auf bestimmte Spezifika des jeweiligen Geschlechts werde ich an der ein oder anderen Stelle eingehen, werde aber durchgängig die männliche Form von z. B. Berufsbezeichnungen verwenden, zumal die beiden Protagonisten in der fiktiven, aber eben typischen Therapiegeschichte (Patient und Therapeut) männlich sind. Bevor wir aber in diesen Abriss einer Jugendlichen-Psychotherapie eintauchen, noch einen herzlichen Dank an alle, die mir beim Verfassen des Buches zugearbeitet haben – allen voran Willi mit seinen Recherchen und kritischen Anmerkungen. Sehr hilfreich waren auch meine zahlreichen Supervisanden, die mich in vielen Fragen immer wieder auf den aktuellen Stand gebracht haben.
 

 

 


Presseecho

»Wer sich ein klares Bild vom Verlauf und Nutzen einer professionellen, kompetenten Jugendlichenpsychoanalyse verschaffen möchte, ist mit diesem Ratgeber gut bedient.Die Autorin trägt zur Entmythisierung des pychoanalytischen Verfahrens bei und gibt auch ›zwischen den Zeilen‹ Anhaltspunkte zur Urteilsbildung in Bezug auf Qualität und Wirkung psychotherapeutischer Verfahren.«

(Margit Huber, Fachzeitschrift für die Pflege- und Adoptivkinderhilfe)

 

»Wie auch schon in ihrem vorherigen Buch über die Psychotherapie im Kindesalter gibt Erner-Schwab einen hilfreichen Überblick über die kassenärztliche, juristische und institutionelle Einbettung einer Psychotherapie im Jugendalter.«

(Gundis Jansen-Garz, Thema Jugend)

 

»Die Autorin hatte die Idee, mit ihrem Buch den Weg für männliche Jugendliche zu einer Psychotherapie zu ebnen. Für diese wurde es verfasst. Eingängig das Konzept, die Geschichte des 17-jährigen Gero als Führung durch das Buch zu nehmen. (...) Dazwischen stellt die Autorin fachliche Inhalte wie z.B. Selbstwirksamkeit, Abwehrmechanismen, Adoleszenz, aber auch psychische Störungen wie Computerspielsucht, Alkohol, Essstörungen. Im Anhang werden weitere psychische Störungen lexikonartig erklärt.«

(Ulrike Franke, Theraplay –Schwierige Kinder)

 

»Im Vorwort beschreibt die Autorin, dass sie mit diesem Heft im Grunde zwei Ziele verfolgt: Zum einen möchte sie das Verfahren der Psychotherapie, insbesondere der Psychoanalyse, verdeutlichen, zum anderen möchte sie auf die Sorgen und Nöte männlicher Jugendlicher hinweisen, die eventuell aufgrund von Scham deutlich seltener in Therapie gingen, als weibliche Jugendliche des gleichen Alters. Beides setzt sie gut um: Das Heft ist kurz und prägnant gehalten und gut lesbar. (...) Psychotherapie im Jugendalter fasst das psychotherapeutische Vorgehen im Rahmen einer Psychoanalyse gut und übersichtlich zusammen. Es kann sicher sehr erfolgreich im Sinne eines bibliotherapeutischen Vorgehens begleitend zu einer Psychoanalyse genutzt werden(.)«

(Alexander Tewes, socialnet.de)

 

 

 
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