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Gerhard Wittenberger
Aufstieg und Scheitern des Militärpsychologen Max Simoneit im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Deutschland
Psychodynamisch-biografische Studie
1. Aufl. 2022
352 S., 24 x 17 cm, Pb. Großoktav
39,90 €
ISBN 9783955583279

Lieferbar

Zum ministerialen und militärischen Führungspersonal während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gehörte Max Simoneit als fanatischer Vertreter eines, durch Kultur vergeistigten, »deutschen Soldatentums«. Seine Einlassungen zum Thema »Soldatentum« und seine Biografie scheinen geeignet, das Weiterleben der inneren Einstellungen nach 1945 sichtbar zu machen und an einem Beispiel zu erhellen.
Wer war dieser Mann und wie ist er zu dem Akteur unter den Nazis der geworden, der er war?
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts standen und stehen die Deutschen vor der Herausforderung, ihre Geschichte im Schatten des »Stigmas der Gewalt« (Geyer, 1995) zwischen Schuld und Trauer kritisch aufzuarbeiten. Ohne eine sozialpsychologische Perspek­tive ist dieser Schatten nicht zu verstehen.
Der »Schatten der Vergangenheit« steht hier – ­anders als im Film von Kenneth Branagh (1991) – als eine Metapher für das Irrationale und Totalitäre einer Massenbewegung, wie es sich im Nationalsozialismus und seinen Auswirkungen, zeigte. Diese Geschichte lässt sich nach 1945 nur verstehen, wenn man die damit zusammenhängenden Auseinandersetzungen, die Verhältnisse von Kontinuität und Brüchen klärt, wenn man die Fragen der Schuld und ihrer Abwehr im und nach dem Dritten Reich zu klären sucht. Angesichts ihrer unbewussten Bedeutungsgehalte lassen sich diese Phänomene nur unter Einbeziehung psychoanalytischer Konzepte angemessen beschreiben. Auf die damit zusammenhängenden Probleme weist Straub (1998) ausführlich hin. Mit Hilfe psychoanalytischer Konzepte kann, anders als Straub meint, untersucht werden, »wer zu gegebener Zeit am gegebenen Ort ›Geschichte‹ in welcher Weise repräsentiert oder aus dem Bewußtsein auszuschließen bemüht ist« (ebd., S. 30). Es ist dazu allerdings erforderlich, den Zusammenhang zwischen dem Individuum und seiner Geschichte in einer bestimmten Gesellschaft nicht nur zu behaupten, sondern nachzuweisen.


»Wittenberger hat eine sorgfältig recherchierte Studie des Militärpsychologen Max Simoneit erarbeitet (...). Ein Historiker (...) wird (...) Wittenbergers gründliche Recherche, Auswertung und Analyse des umfangreichen Quellenmaterials schätzen, welches das Leben Simoneits in all seiner Widersprüchlichkeit und Tragik deutlich werden lässt. Für die Geschichtswissenschaft bedeutet Wiittenbergers Arbeit einen interessanten und weiterführenden Beitrag im Sinne einer interdisziplinären Forschung. Der historisch interessierte Leser wird Wittenbergers Monografie als bereichernd (...) erleben.«

(Georg Pahlke)

 

»Viel erfahren die Leserinnen und Leser nicht nur über den Protagonisten des Buches, sondern auch über andere durchaus bekannte Personen, die nach 1945 in Deutschland eine wichtige Rolle spielten und spielen. Wittenbergers ›Deutungen‹ privater Brüche wirken einleuchtend, die ›preußische soldatische‹ Identifizierung wurde zunehmend zu einem Tunnelblick. Den Anspruch der ›psychodynamisch-biografischen Studie‹ löst das Werk in jedem Fall ein.«

(Klaus Hoffmann, Luzifer-Amor)

 

»Der Autor breitet eine Fülle von Informationen und Reflexionen – auch Reflexionen über die Methode und über den Umgang mit Quellen – über diese Zeit bis hinein in die BRD aus, über die Aufgaben der Wehrmachtspsychologie, behördliche Vorgänge, beurteilende Stellungnahmen von Nazigrößen, persönliche und institutionelle Zusammenhänge zur Psychologie und Informationen zu den (lügenhaften) Entnazifizierungsverfahren. (...) Es entsteht aus diesem Geflecht von Biografischem und den gesellschaftlichen Kontexten eine biografische Skizze (...). Der Autor bietet uns, auch mit seinem ›chirurgischen‹ analytischen Blick, keine Versuchung, sich mit Simoneit empathisch identifizieren zu wollen.«

(Almuth Bruder-Bezzel, Ärzteblatt)

 

»Spannend an der Studie ist die Aufdröselung der Textur eines einzelnen Lebens (soweit es dokumentiert ist), seine konkrete Verwicklung in die ›herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse‹. [Ich lese] die Untersuchung auch als exemplarischen Fall von persönlichem Aufstieg in ein ›bildungsbürgerliches Milieu‹, dessen gesellschaftliche Bedeutung im Nationalsozialismus eine ›größere Breite‹ als je zuvor erreichte. Die Gedankenwelten, die häufig ›vergeistigt‹ in die Höhe abgehoben und mit ›Kultur und Bildung‹ verbunden ein schichtspezifisches Selbstbild dieser Mittelschicht darstellen sollten, sind eine deutsche Besonderheit. Mir haben Wittenbergers Ausführungen noch einmal vor Augen geführt (anders ausgedrückt: mein Vorurteil bestärkt), dass diese Selbststilisierung ›höhere-Kultur-und-Bildung‹, die ja der kollektiven Distanzierung gegenüber anderen Schichten und Klassen dient, dass diese der Verblendungszusammenhang selbst ist, der jegliche selbstkritische Einsicht und eigene Gefühlswahrnehmung abschneidet, ausschließt, einmauert und wegblendet. «

(Thomas Kuchinke, Fortbildungsinstitut für Supervision)

 

»Das Buch liest sich vor allem deshalb spannend, weil es immer wieder neue Perspektiven eröffnet (...). Die Themenstränge werden nachvollziehbar rekonstruiert. (...) Wer sich für psychohistorische und psychodynamische Begründungen menschlichen Verhaltens interessiert, wird dieses Buch mit Gewinn lesen.«

(Bernd Nitzschke, Report Psychologie)

 

 
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