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Selbstpsychologie 32, 2/2008
Die Suche nach dem Selbst innerhalb einer mediterranen Sensibilität
The Search for the Self within a Mediterranean Sensibility
Selbstpsychologie 32
Mit Beiträgen von Christina Bonucci, Guiseppe Di Leone, alessandro Dionisi, Gianni Nebbiosi, Ingrid, Pedroni, Antonia Piazza, Carmine Schettini, Paolo Stramba-Badiale, Mariangela Tempestini
1. Aufl. 2008
140 S., Pb.
24,90 €
vergriffen, keine Neuauflage * Bestellung abgelegt

Inhalt


Eine Einführung

Gianni Nebbiosi
Ödipus, der Halbkreis, der Bogen und der Speer Mythen menschlicher Kommunikation in der gegenwärtigen Psychoanalyse

Carmine Schettini
»Let me show you a note« or How Heinz Kohut returned to Europe Interview with Franco Paparo

Paolo Stramba-Badiale
How to listen in order to be listened Reflections on the respect in psychoanalysis

Cristina Bonucci
Die Augen des Anderen und Scham
Zwischen dem Bedürfnis gesehen zu werden und der Unmöglichkeit sich zu verstecken

Antonia Piazza/Mariangela Tempestini
A clinical experience with the world of psychosis in the light of the psychology of the self

Ingrid Pedroni
Self Psychology, Attachment Theory and Transcultural Psychotherapy

Giuseppe Di Leone
Narcissism, groups and institutions

Alessandro Dionisi
The Therapeutic Group: Implicit Communication and Mutative Events



Abstracts


Antonia Piazza/Mariangela Tempestini
A clinical experience with the world of psychosis in the light of the psychology of the self

This work proposes the presentation of a clinical pathway (Antonia Piazza) and its discussion (Mariangela Tempestini). The clinical presentation focuses on the game of mutual experience of the two subjectivities involved in the analytical work, and the tiring journey of a progressive recognition, with the suffering, doubts, questions, any time an unsuccessful connection takes place. The narration of this pathway is enriched by the words of the patient, who can produce riveting thoughts and metaphors on her experience – for which the author of the presentation and partner in the analytical couple expresses her »deep thanks«. The discussion clearly and accurately highlights the theoretical articulations in the pathway – the empathic function, the breaking-integration process, the role of intersubjective suffering – enriching the Psychology of the Self thinking with the contributions of authors who synergically add depths and meanings.

Diese Arbeit stellt einen klinischen Verlauf (Antonia Piazza) und seine Diskussion dar (Mariangela Tempestini). Die klinische Präsentation konzentriert sich auf das Spiel gegenseitigen Erlebens der zwei Personen und ihrer jeweiligen Subjektivität, wie sie in der psychoanalytischen Arbeit involviert sind, und sie zeigt den anstrengenden Weg eines fortschreitenden (An-)Erkennens – mit den Leiden, Zweifeln, Fragen immer dann, wenn eine nicht gelingende Verbundenheit vorherrschte. Diesen Weg zu erzählen wurde durch die Worte der Patientin angereichert, welche treffende und fesselnde Gedanken und metaphorische Bilder ihres Erlebens zu entwickeln vermag; dafür möchte sich die Autorin dieser Darstellung und Partnerin im analytischen Paar zutiefst bedanken. Die Diskussion hebt in klarer und genauer Weise diesen Weg und seine theoretischen Ausführungen hervor – die empathische Funktion, den Unterbrechungs-Wiederherstellungsprozess, die Rolle intersubjektiven Leidens –, und sie bereichert das Denken der Selbstpsychologie durch die Beiträge von Autoren, die zusammenwirkend ihre Tiefe und Bedeutung erweitern.


Ingrid Pedroni
Self Psychology, Attachment Theory and Transcultural Psychotherapy

Moderne anthropologische Studien zur Entstehung und Entwicklung einzelner Kulturen liefern ein ähnliches Bild, wie es für das einzelne Individuum gilt, ein Bild, das durch die Erfahrung ganz bestimmter historischer, religiöser und umweltrelevanter Elemente geprägt ist. Das Potential, das solche Erfahrungen ermöglicht, ist überall in der Menschheit das gleiche, wie Untersuchungen über Spiegelneuronen und der zwischen den Kulturen gültigen ethologischen Theorie des Zugehörigkeitsgefühls. Die aller ersten Erfahrungen werden durch spezifische kulturgeprägte Elemente gemacht und erworben: Kultur ist also ein wesentliches Selbstobjekt. Auswandern kann als eine praktische Lösung von oft unbewussten Konflikten zwischen der Kultur des Heimatlandes, d.h. den entstandenen Zugehörigkeitsgefühlen und dem Streben nach Differenzierung und Individuation erscheinen. Solch verdeckte innere Kämpfe können bisweilen einen Integrationsprozess verhindern. Therapeutische Behandlung von emigrierten Patienten, die ursprünglich in einer ganz anderen Kultur zuhause waren, ist nur möglich, wenn sie sich die Sitten und Handlungsweisen ihrer Ursprungskultur bewusst gemacht und positiv bewertet haben, was manchmal nur mit Hilfe eines kulturellen Vermittlers möglich ist. Kulturelle Anerkennung ist also der erste Schritt zu einer gelingenden Überwindung der Spaltung, die sonst zu einer schmerzhaften und sogar gefährlichen Schwächung des Selbstgefühls werden kann. Die Darstellung von drei Behandlungsfällen, die in sehr verschiedenen Settings und mit differenzierten klinischen Methoden durchgeführt wurden, zeigt, wie kulturelle Anerkennung zu empathischem Verstehen führt, so dass emotionale und psychische Probleme angesprochen und verarbeitet werde können.


Giuseppe Di Leone
Narcissism, groups and institutions

Die affektiven Ressourcen einer psychiatrischen Institution (Zielvorstellungen, Leiter, historische Personen) können die Eigenschaften eines idealisierten Selbstobjekts annehmen und können helfen, den Selbstzustand der betroffenen Mitarbeiter zu regulieren. Eine Gruppe kann grandiose narzisstische Kräfte freisetzen und den Gruppenmitgliedern helfen, diese in realistischere Ziele umzuwandeln.


Alessandro Dionisi
The Therapeutic Group: Implicit Communication and Mutative Events

We are describing a phase of a group’s dynamic process in which the bipolar contents of pain/pleasure and dependence/separation are emerging strongly. Since a few months, the group is trying to approach the necessary recognition of alteration and diversity in the case where one becomes accustomed to in this context. The group conductors are pointing out these reflections as the root of reciprocity: understanding the other’s point of view does not necessarily lead to the death of one own’s subjectivity, but it can lead to a better interaction, to a complementary sharing and co-existence. Yet, a strong influence of reciprocity exists in the affect regulation regarding an intersubjective group context. The tendency of a relational approach takes place by enhancing the value of the meaning of emotions and exchange, moment by moment, between the analyst and the patient and more specifically in a group, also between one patient and another. It points out how in the group an evolutionary dimension of the transfer is possible, exceeding the same concept of a »kohutian« self-object transference. The transference here conceptualized, accentuates therefore the importance of an intersubjective field and the
contribution of the various group members to the events which are taking place inside this specific context, both through verbal communications, explicit and explanatory, or through non verbal communications, implicit and emotional, where a meaning can be related not to the content, but to the process of communication itself. The unfold of regulation requires the repetition of sequences of experiences, that creates expectations: these become the ground of the implicit relational knowledge. Consequently, it is in the ›moment of meeting’, as an emerging quality of proceeding together and in the group, where more than elsewhere, we can observe the autonomy as the central core of the subject gathered through relationship.

Wir beschreiben in diesem Aufsatz den dynamischen Prozess in einer Therapiegruppe, in welchem die bipolare Thematik von Leid-Lust und die der Abhängigkeit-Ablösung intensiv auftauchen. Seit einigen Monaten versucht die Gruppe, sich der notwendigen Anerkennung von Veränderung und Vielschichtigkeit zu nähern; der vorgestellte Fall beschreibt diesen Kontext. Die Gruppenleiter weisen auf diese Reflexionen als eine Wurzel von Reziprozität hin: das Verstehen des Standortes eines anderen muss nicht notwendigerweise zum Verschwinden der eigenen Subjektivität führen, es kann vielmehr zu einer verbesserten Interaktion führen, zu einem komplexeren Gerecht-Werden und einer verbesserten Ko-Existenz. Der starke Einfluss der Reziprozität besteht in der Regulation der Affekte mit Blick auf den intersubjektiven Gruppen-Kontext. Die Möglichkeit eines relationalen Zugangs eröffnet sich und erweitert dadurch zwischen dem Analytiker und dem Patienten die Wertigkeit der Bedeutung der Emotionen und der Veränderung – von Moment zu Moment; und dies noch viel mehr in der Gruppe, zwischen einem Patient und einem anderen. Es wird darauf verwiesen, wie in der Gruppe die Möglichkeit einer evolutionären Dimension des Transfers besteht, was über das Konzept Kohuts der Selbstobjektübertragung hinausgeht. Die Übertragung, die hier konzeptualisiert wird, akzentuiert daher die Wichtigkeit eines intersubjektiven Feldes und den Beitrag der verschiedenen Gruppenmitglieder zu Ereignissen, die innerhalb dieses spezifischen Kontextes stattfinden – sowohl durch verbale Kommunikation (explizit und ausdrücklich) oder durch nonverbale Kommunikation (implizit und emotional), wo die Bedeutung nicht auf den Inhalt sondern auf den Prozess der Kommunikation bezogen werden kann. Die Ausgestaltung der Regulation verlangt die Wiederholung von Erfahrungssequenzen, die Erwartungen hervorrufen: Diese stellen den Boden des impliziten Beziehungswissens dar. Folglich ist es der »Moment der Begegnung« – eine auftauchende Möglichkeit zusammen voranzuschreiten –, wo in der Gruppe – mehr als sonst wo – die Autonomie als der zentrale Kern des Menschen wahrgenommen werden kann; unmittelbar entstanden durch Beziehung.
 
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