Detailansicht

 

Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie (AKJP) 112, 4/2001
Das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom
Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie 112
Mit Beiträgen von Maria Teresa Diez Grieser, Gabriele Häußler, Eva Hédervári-Heller, Hans Hopf, Gerald Hüther, Astrid Kerl-Wienecke, Maria E. Pozzi, Christa Schaff, Lydia Tischler
1. Aufl. 2001
152 S., 
19,90 €
vergriffen, keine Neuauflage * Bestellung abgelegt

 

Inhalt


Gerald Hüther
Kritische Anmerkungen zu den bei ADHD-Kindern beobachteten neurobiologischen Veränderungen und den vermuteten Wirkungen von Psychostimulanzien (Ritalin®)

Gabriele Häußler / Hans Hopf
Frühe Faktoren in der Ätiologie von Ruhelosigkeit, Hyperkinese und Unaufmerksamkeit

Lydia Tischler
Was ist ADS/ADHS?
Theorien über Ursachen und Behandlungsmethoden

Maria E. Pozzi
Ritalin für wen?
Wie können wir das Bedürfnis nach Ritalin in der psychodynamischen Beratung von Familien mit Kindern unter fünf Jahren verstehen?

Christa Schaff
Das hyperkinetische Kind im Spannungsfeld des Geist-Körper-Dialogs
Oder: Jakob, wo bist du?

Forum
Maria Teresa Diez Grieser
Psychodynamische und neuropsychologische Überlegungen zur Erfassung und Behandlung von Kindern mit kognitiven Ausfällen
Zwei Fallbeispiele

Forum
Astrid Kerl-Wienecke
Nelly Wolffheim – eine Pionierin der psychoanalytischen Pädagogik

Tagungsbericht
Eva Hédervári-Heller
7. Konferenz der VAKJP-Arbeitsgemeinschaft für Wissenschaftlichen Austausch in Frankfurt am Main »Neues vom Zappelphilipp«? – Neurobiologie, Psychodynamik und Psychotherapie des Hyperkinetischen Syndroms

Buchbesprechungen



Abstracts


Gerald Hüther
Kritische Anmerkungen zu den bei ADHD-Kindern beobachteten neurobiologischen Veränderungen und den vermuteten Wirkungen von Psychostimulanzien (Ritalin®)

Vor allem mit Hilfe bildgebender Verfahren ist es in den letzten jahren gelungen, eine ganze Reihe charakteristischer Veränderungen verschiedener neurobiologischer Parameter im Gehirn von ADHD-Patienten nachzuweisen. Diese »Anomalien« werden häufig als biologisches Substrat der Erkrankung betrachtet und in eine neurobiologisch begründete Argumentationskette eingereiht, die bei einer genetisch bedingten Defizienz der dopaminergen Signalübertragung beginnt und bei der Notwendigkeit zur Korrektur dieses Defizits durch Ritalin-Behandlung endet. In dem vorliegenden Beitrag werden neue Befunde vorgestellt und alte Interpretationen früher erhobener Befunde kritisch hinterfragt. Anschließend wird ein zugleich entwicklungsbiologisch und entwicklungspsychologisch begründetes Modell vorgestellt. Viele der im Gehirn von ADHD-Patienten gefundenen neurobiologischen Veränderungen lassen sich danach als sekundäre Anpassung an veränderte Nutzungsbedingungen einordnen. Das neue Modell ermöglicht darüber hinaus prädikative Aussagen über den Verlauf der Erkrankung, über die damit einhergehenden neurobiologischen Veränderungen, insbesondere des dopaminergen Systems, über die Bedeutung angeborener Vulnerabilitäten und den Einfluss frühkindlicher Entwicklungsbedingungen sowie über Wirkungen und mögliche Gefahren der Ritalin-Behandlung.


Gabriele Häußler / Hans Hopf
Frühe Faktoren in der Ätiologie von Ruhelosigkeit, Hyperkinese und Unaufmerksamkeit

In den vergangenen Jahren kam es zum inflationären Gebrauch der Diagnose HKS, ADS bzw. ADHD, was auch eine gesellschaftliche Funktion zu erfüllen scheint. In der Regel wird dieses Krankheitsbild rein medizinisch erklärt und behandelt; psychoanalytische Therapien gelten nicht selten sogar als kontraindiziert. Dies, obwohl als gesichert gelten kann, dass dieses Störungsbild multifaktoriell bedingt ist und viele als HKS (ADS oder ADHD) diagnostizierte Krankheitsbilder ausschließlich psychodynamisch zu erklären sind. Anhand des Falles eines früh traumatisierten Jungen mit psychiatrisch diagnostiziertem HKS wird aufgezeigt, welche strukturellen Defizite und Konfliktdynamiken zugrunde liegen und aufgearbeitet werden müssen. Psychoanalytische Theorien zum HKS werden diskutiert.


Lydia Tischler
Was ist ADS/ADHS?
Theorien über Ursachen und Behandlungsmethoden

Dieser Beitrag befasst sich mit der problematischen und strittigen Diagnose von Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität ADS/ADHS, die als eine genetisch bedingte biochemische Anomalität des Gehirns betrachtet wird, und ihrer Behandlung bei Kindern mit Psychostimulanzien sowie Methylphenidaten. Es werden die großen Unterschiede in der Klassifizierung der ADS/ADHS und der Verordnung von psychotropischen Medikamenten in den USA und Europa betont. So wurden schätzungsweise 1996 11 Millionen Rezepte für Ritalin ausgestellt. In einer Gruppe von europäischen Ländern (einschließlich Deutschlands) mit einer Totalbevölkerung, die mit der der USA vergleichbar ist, wurden nur 0,37% der in den USA verschriebenen Rezepte ausgestellt. Psychoanalytisch gesehen liegt der Ursprung dieser Störung immer in den traumatischen Erfahrungen in der frühesten Kindheit. Diese Ansicht wird oft von der Neurobiologie sowie von Bindungs-(Attachment-)Forschungen unterstützt. Schließlich weist die Arbeit auf die Beobachtung der ansteigenden Diagnose der ADS/ADHS in England hin, wie auch auf die Tatsache, dass 90% der Patienten mit diesem Syndrom Jungen sind.


Maria E. Pozzi
Ritalin für wen?
Wie können wir das Bedürfnis nach Ritalin in der psychodynamischen Beratung von Familien mit Kindern unter fünf Jahren verstehen?

Der Beitrag ist Teil der Diskussion über Ritalin und ADS/ADHS. Definition, Ätiologie und Behandlung dieser Störung sind nach wie vor unklar. Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage: »Wen behandeln wir, wenn Ritalin an ein Kind verabreicht wird?« Die Option, psychologische und medikamentöse Intervention in gravierenden Fällen zu kombinieren, wird dabei nicht ausgeschlossen. Beschrieben wird die psychotherapeutische Arbeit mit zwei Familien, die vor der Entscheidung für oder gegen eine Ritalin-Behandlung ihres noch nicht fünfjährigen Kindes standen. Die zugrunde liegende psychische Motivation für die Aufnahme oder Ablehnung der medikamentösen Behandlung wird innerhalb des familiären und therapeutischen Kontextes betrachtet.


Christa Schaff
Das hyperkinetische Kind im Spannungsfeld des Geist-Körper-Dialogs
Oder: Jakob, wo bist du?

In familientherapeutischen, verhaltenstherapeutischen, psychopathologischen, psychodynamischen und biologischen Theorien und Modellen vom ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom mit Hyperaktivität) werden verschiedene Ansichten vom hyperkinetischen Kind gezeigt. Diese sollten im individuellen Einzelfall vom qualifizierten Arzt und Psychotherapeuten berücksichtig und zur Differenzialdiagnose und zur differentiellen Indikationsstellung für Therapien genutzt werden.

 

 
zum Anfang      zurück